Bräuche und Traditionen rund um die Sommersonnenwende
Die Sommersonnenwende, auch als Sonnwend oder Mittsommer bekannt, ist ein uralter Brauch, der in vielen Teilen Europas gefeiert wird. In der Steiermark, einer malerischen Region im Süden Österreichs, wird die Sonnwendfeier mit einer Reihe von Traditionen und Bräuchen begangen, die tief in der lokalen Kultur verwurzelt sind. Einer dieser Bräuche ist das Binden von Sonnwendbüscheln oder -kranzerln, die zum Schutz vor Unheil dienen sollen.
Sonnwendbüschel und -kranzerl: Symbole des Schutzes und der Abwehr
Am Abend des 24. Juni, dem Johannistag, machen sich die Menschen im steirischen Salzkammergut auf, um besondere Sträuße aus Pflanzen, Blumen und Kräutern zu binden. Diese Sträuße, bekannt als Sonnwendbüschel oder Sonnwendkranzerl, werden an den Türen von Häusern und Ställen angebracht und sollen für ein Jahr vor Unheil schützen. Laut einem alten Sprichwort bewahren sie vor Blitz, Hagel, Krankheit und Unwetter:
„Das Eichenlaub bewahrt vor Blitz, das Frauenhaar vor Hagel, das Johanniskraut vor Krankheit und der Nebnaus sorgt dafür, dass das Wetter nebenaus geht.“
Die Auswahl der Blumen und Kräuter ist von entscheidender Bedeutung, da nach alter Überlieferung und Volksglauben nur bestimmte Pflanzen Schutz- und Abwehrkräfte besitzen. Die Anzahl und Arten der Pflanzen können von Dorf zu Dorf variieren, aber einige Elemente sind fast immer enthalten.
Zu den wichtigsten Pflanzen im Sonnwendstrauß gehören Eichenlaub, Zittergras (Frauenhaar), Johanniskraut, roter, weißer und gelber Klee, Margeriten, Nebnaus und Frauenmantel. Diese Pflanzen symbolisieren Schutz vor Blitz, Hagel und Krankheit. Zusätzlich können andere Blumen und Gräser wie Flockenblumen, Klöckkraut, Ehrenpreis, Pfingstrosen, Geißblatt, Arnika, Schafgarbe, Kornblumen und Knopfblumen hinzugefügt werden.
In einigen Regionen werden Sonnwendbüschel gebunden, während in anderen, wie in Haus am Kaibling, Sonnwendkranzerl aus sieben oder neun (immer eine ungerade Zahl!) Blumen und Gräsern hergestellt werden. In Gröbming hingegen symbolisieren 14 Kräuter die 14 Nothelfer.
Weitere Bräuche und Traditionen der Sonnwendfeier
Neben dem Binden von Sonnwendbüscheln und -kranzerln gibt es noch weitere Bräuche, die mit der Sonnwendfeier in der Steiermark verbunden sind. Am Johannistag werden traditionell Steirerkrapfen mit Sauerkraut gegessen, und es werden Schneeballen gebacken, eine Art süßes Gebäck.
In einigen Gemeinden werden Sonnwendfeuer entzündet, um die Sonne zu begrüßen und böse Geister zu vertreiben. Diese Feuer werden oft auf Hügeln oder Berggipfeln entzündet, und die Menschen versammeln sich um das Feuer, um zu feiern, zu tanzen und traditionelle Lieder zu singen.
Die Sonnwendfeier ist auch eine Zeit, um Kräuter zu sammeln, die an diesem Tag als besonders heilkräftig gelten. Menschen machen sich auf, um Kräuter wie Johanniskraut, Schafgarbe und Arnika zu pflücken, die dann getrocknet und für Tees, Salben und andere Heilmittel verwendet werden.
Die Sommersonnenwende ist außerdem ein beliebter Zeitpunkt für Hochzeiten und Taufen. Es wird geglaubt, dass die Kraft der Sonne an diesem Tag besonders stark ist und Glück und Fruchtbarkeit bringt. Viele Paare wählen diesen Tag für ihre Hochzeit, und es ist auch üblich, Kinder an der Sommersonnenwende zu taufen.
Die Bedeutung der Sommersonnenwende in der Steiermark
Die Sommersonnenwende markiert den längsten Tag und die kürzeste Nacht des Jahres. In der Landwirtschaft ist dies ein wichtiger Zeitpunkt, da er den Beginn des Sommers und die Zeit des Wachstums und der Ernte signalisiert. Die Sonnwendfeier ist eine Gelegenheit für die Gemeinschaft, sich zu versammeln und die Fruchtbarkeit der Erde und den Segen der Sonne zu feiern.
Darüber hinaus hat die Sommersonnenwende in der Steiermark auch eine spirituelle Bedeutung. Die Menschen glauben, dass die Kraft der Natur an diesem Tag besonders stark ist und dass die Grenzen zwischen der physischen Welt und der spirituellen Welt durchlässiger sind. Dies macht die Sonnwendfeier zu einer Zeit der Reflexion und des Gebets.
Die Sonnwendfeier als Teil des steirischen Kulturerbes
Die Sonnwendfeier ist ein wichtiger Bestandteil des steirischen Kulturerbes und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Familien und Gemeinden kommen zusammen, um die Traditionen zu pflegen und zu feiern. Viele lokale Vereine und Gruppen organisieren Veranstaltungen und Feste rund um die Sommersonnenwende, um die Gemeinschaft zu stärken und die Kultur zu bewahren.
Die Sonnwendfeier ist auch eine Gelegenheit, die Schönheit der steirischen Landschaft zu würdigen. Die grünen Hügel, malerischen Täler und Berggipfel bieten die perfekte Kulisse für diese Feier der Natur und des Lebens.
Die Sommersonnenwende in der modernen Zeit
Auch in der modernen Zeit wird die Sommersonnenwende in der Steiermark weiterhin gefeiert, obwohl sich einige Aspekte verändert haben. Heute ist es oft eine Gelegenheit für Menschen, sich mit der Natur zu verbinden und die Schönheit ihrer Umgebung zu würdigen. Die Feierlichkeiten können auch ein Gefühl der Gemeinschaft und des Zusammenhalts fördern.
Viele Menschen nutzen die Sommersonnenwende auch als Gelegenheit, um sich auf sich selbst und ihr Wohlbefinden zu konzentrieren. Yoga-Retreats, Meditationskurse und andere Wellness-Aktivitäten werden oft rund um die Sommersonnenwende angeboten.
Abschließende Gedanken
Die Sonnwendfeier in der Steiermark ist ein farbenfrohes und lebendiges Fest, das die Schönheit der Natur, die Kraft der Sonne und die Bedeutung der Gemeinschaft feiert. Durch das Binden von Sonnwendbüscheln und -kranzerln, das Entzünden von Feuern und das Pflegen alter Bräuche wird die Sommersonnenwende zu einem besonderen Ereignis, das die Kultur und den Geist der Region verkörpert.
Und so, wie die Sonne an der Sommersonnenwende ihren höchsten Punkt erreicht, so hoffen auch die Menschen in der Steiermark, dass dieses Fest ein Höhepunkt des Jahres sein wird, der Glück, Gesundheit und Wohlstand bringt.
Weitere Bräuche zur Sommersonnenwende in Österreich
Die Sommersonnenwende wird in ganz Österreich mit verschiedenen Bräuchen und Traditionen gefeiert, die von Region zu Region variieren können. Hier sind einige weitere Bräuche, die in verschiedenen Teilen Österreichs gepflegt werden:
- Sonnwendfeuer: In vielen Regionen Österreichs werden Sonnwendfeuer entzündet, um die Sonne zu begrüßen und böse Geister zu vertreiben. Diese Tradition ist besonders in ländlichen Gebieten verbreitet. Die Feuer werden oft auf Hügeln oder Berggipfeln entzündet, und die Menschen versammeln sich, um gemeinsam zu feiern, zu singen und zu tanzen. In manchen Orten wird das Sonnwendfeuer auch als „Hexenfeuer“ bezeichnet, da es ursprünglich dazu diente, böse Geister und Hexen zu vertreiben.
- Kräutersegnung: An der Sommersonnenwende werden in vielen Kirchen Kräuter gesegnet, die dann zu Hause aufbewahrt werden, um Gesundheit und Glück zu bringen. Diese Tradition ist besonders in katholischen Regionen verbreitet. Die gesegneten Kräuter werden oft zu Sträußen gebunden und getrocknet, und man glaubt, dass sie heilende Kräfte besitzen.
- Mittsommerkränze: In einigen Teilen Österreichs, besonders in Tirol und Vorarlberg, werden Mittsommerkränze aus Blumen und Kräutern gebunden und an Türen und Fenstern aufgehängt. Diese Kränze sollen Glück und Wohlstand ins Haus bringen und böse Geister abwehren. Sie werden oft mit bunten Bändern und Schleifen geschmückt.
- Maibaum-Tradition: In vielen Dörfern und Städten wird der Maibaum, der traditionell am 1. Mai aufgestellt wird, an der Sommersonnenwende wieder entfernt. Dieser Brauch symbolisiert den Übergang vom Frühling zum Sommer. Der Maibaum wird oft versteigert oder an das Paar übergeben, das im nächsten Jahr heiraten wird.
- Sonnwendprozessionen: In einigen Regionen, besonders in Salzburg und Oberösterreich, finden Sonnwendprozessionen statt, bei denen die Menschen in traditionellen Trachten durch die Straßen ziehen und Lieder singen. Diese Prozessionen enden oft an einem Sonnwendfeuer, wo Gebete gesprochen und Segnungen erteilt werden.
- Sonnwendkonzerte und -feste: In vielen Städten und Gemeinden werden Konzerte und Feste organisiert, um die Sommersonnenwende zu feiern. Diese Veranstaltungen bieten oft traditionelle Musik, Tanzaufführungen und lokale Spezialitäten. Es ist eine Gelegenheit für die Gemeinschaft, zusammenzukommen und die längsten Tage des Jahres zu feiern.
- Wasserspiele und -rituale: In einigen Regionen Österreichs, besonders in der Nähe von Seen und Flüssen, werden Wasserspiele und -rituale durchgeführt. Menschen springen über Lagerfeuer oder tauchen in Seen oder Flüsse, um sich von negativer Energie zu reinigen und Glück für das kommende Jahr zu bringen.
- Sonnwendmärkte: In vielen Städten und Dörfern finden an der Sommersonnenwende spezielle Märkte statt, auf denen lokale Produkte, Kunsthandwerk und traditionelle Speisen angeboten werden. Diese Märkte sind eine Gelegenheit für die Gemeinschaft, zusammenzukommen und zu feiern, und sie tragen auch zur lokalen Wirtschaft bei.
- Sonnwendwanderungen: In den österreichischen Alpen sind Sonnwendwanderungen beliebt, bei denen Menschen auf Berge oder Hügel steigen, um den Sonnenaufgang oder -untergang an der Sommersonnenwende zu beobachten. Diese Wanderungen werden oft mit Picknicks und Feiern kombiniert.
- Sonnwendbrauchtum in der Stadt: Auch in den Städten Österreichs werden Bräuche rund um die Sommersonnenwende gepflegt. In Wien, zum Beispiel, finden oft Konzerte, Tanzveranstaltungen und kulturelle Events statt, die die längsten Tage des Jahres feiern.
Diese Bräuche und Traditionen zeigen die Vielfalt und den Reichtum des österreichischen Sonnwendbrauchtums. Sie verbinden die Menschen mit der Natur, ihrer Kultur und ihrer Gemeinschaft und tragen dazu bei, das kulturelle Erbe des Landes zu bewahren und weiterzugeben.