Mittelalterliches Gerichtsgebäude mit düsterer Vergangenheit

Das Buchhaus in Geistthal, ein beeindruckendes mittelalterliches Gebäude im Herzen der Weststeiermark, zählt zu den bedeutendsten historischen Bauwerken der Region. Als ehemaliges Verwaltungs- und Gerichtsgebäude des Stifts Rein birgt es eine faszinierende Geschichte, die von Gerichtsbarkeit, Hexenprozessen und mysteriösen Legenden geprägt ist.
Die historische Bedeutung des Buchhauses
Das Buchhaus in Geistthal wurde im Mittelalter als Amtshaus der Zisterziensermönche des Stifts Rein errichtet und erhielt seine heutige Form bereits 1538/39. Das Stift Rein, das älteste Zisterzienserstift der Welt, übte damals die Gerichtsbarkeit über die umliegenden Gebiete aus. Das Buchhaus diente als zentraler Verwaltungssitz und Gerichtsstätte für die Region Geistthal.
Die architektonische Gestaltung des Buchhauses spiegelt seine bedeutende Funktion wider. Das imposante Gebäude im Ortskern von Geistthal beherbergt historische Elemente wie zwei Marmorsäulen im Stiegenhaus, die vermutlich aus der Römerzeit stammen und die bewegte Geschichte des Ortes bezeugen.
Die „Keichn“ und die Hexenprozesse
Ein besonders düsteres Kapitel in der Geschichte des Buchhauses sind die Hexenprozesse, die zwischen 1686 und 1688 stattfanden. In der hauseigenen Gefängniszelle, der sogenannten „Keichn“, warteten mehr als 20 Personen auf ihre Hinrichtung. Diese tragischen Ereignisse zeugen von der damaligen Rechtspraxis und dem Aberglauben, der das Leben der Menschen prägte.
Die Hexenprozesse in Geistthal stehen exemplarisch für eine Zeit, in der Angst und Verfolgung den Alltag bestimmten. Das Buchhaus bewahrt die Erinnerung an diese dunkle Epoche und ermöglicht Besuchern, sich mit diesem Teil der steirischen Geschichte auseinanderzusetzen.
Die Heilige Kümmernis und ihre Legenden
Eine der faszinierendsten Besonderheiten des Buchhaus in Geistthal ist die Darstellung der „Heiligen Kümmernis“ – eine barocke Holzplastik, die eine ans Kreuz genagelte Frauengestalt mit Bartwuchs zeigt. Diese von der katholischen Kirche nicht anerkannte Heiligenfigur ist Gegenstand zahlreicher Legenden und Sagen.
Der Überlieferung nach war Kümmernis eine wunderschöne junge Frau, die sich weigerte, den Mann zu heiraten, den ihr Vater für sie ausgesucht hatte. In ihrer Verzweiflung bat sie Gott, sie hässlich zu machen, woraufhin ihr ein Bart wuchs. Der erzürnte Vater ließ sie daraufhin ans Kreuz nageln.
Eine weitere Legende rankt sich um die goldenen Schuhe der Figur. Ein armer Spielmann soll an der Tür des Buchhauses um eine Gabe gebeten haben, woraufhin ein goldener Schuh von der Figur fiel. Als der Mann den Schuh einlösen wollte, wurde er des Diebstahls bezichtigt und sollte hingerichtet werden. Im letzten Moment fiel jedoch auch der zweite goldene Schuh vor den Augen des Henkers von der Figur, was als göttliches Zeichen gedeutet wurde und zur Freilassung des Spielmanns führte.
Das Buchhaus in Geistthal als kulturelles Erbe
Heute ist das Buchhaus ein wichtiges kulturelles Erbe der Weststeiermark und ein beliebtes Ziel für Geschichtsinteressierte. Die Kombination aus historischer Architektur, düsterer Vergangenheit und mystischen Legenden macht es zu einem faszinierenden Ort, der die Besucher in vergangene Zeiten zurückversetzt.
Bis vor kurzem waren im Obergeschoss des Gebäudes zwei präparierte Braunbären zu sehen, die aus den Fenstern ragten – ein kurioses Detail, das leider mittlerweile entfernt wurde. Dennoch bietet das Buchhaus nach wie vor zahlreiche historische Schätze und Einblicke in die Vergangenheit der Region.
Besichtigung und Anreise
Das Buchhaus in Geistthal und die Heilige Kümmernis können nach telefonischer Vereinbarung besichtigt werden. Eine Führung durch das historische Gebäude ermöglicht es Besuchern, mehr über die Geschichte des Ortes, die Hexenprozesse und die Legenden rund um die Heilige Kümmernis zu erfahren.
Die Anreise zum Buchhaus ist sowohl mit dem Auto als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich. Mit dem Auto erreicht man das Buchhaus über die Adresse Geistthal 7, 8153 Geistthal. Der nächste E-Ladepunkt befindet sich in Übelbach, etwa 16 Kilometer entfernt.
Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen möchte, kann die Zugverbindung S7 Richtung Graz bis zur Haltestelle Söding-Mooskirchen Bahnhof nutzen und von dort mit der Buslinie 719 Richtung Geistthal Ort bis zur Haltestelle Geistthal Gh Kollmann fahren.
Das Buchhaus im Kontext der Weststeiermark
Das Buchhaus in Geistthal ist Teil eines reichen kulturellen und historischen Erbes der Weststeiermark. Die Region bietet zahlreiche weitere sehenswerte Orte, darunter das Stift Rein selbst, das als ältestes Zisterzienserstift der Welt einen Besuch wert ist.
Die Verbindung zwischen dem Stift Rein und dem Buchhaus verdeutlicht die historischen Machtstrukturen und die Bedeutung der Klöster für die Verwaltung und Rechtsprechung im Mittelalter. Das Buchhaus steht exemplarisch für die Ausübung der Gerichtsbarkeit durch kirchliche Institutionen und gibt Einblick in ein wichtiges Kapitel der steirischen Geschichte.
Fazit: Ein Ort voller Geschichte und Mysterien
Das Buchhaus in Geistthal ist mehr als nur ein historisches Gebäude – es ist ein Ort, an dem Geschichte lebendig wird. Die Kombination aus mittelalterlicher Architektur, düsterer Vergangenheit und mystischen Legenden macht es zu einem faszinierenden Ziel für alle, die sich für Geschichte, Kultur und Sagen interessieren.
Ein Besuch im Buchhaus ermöglicht es, in die Vergangenheit einzutauchen und mehr über die komplexen historischen, sozialen und religiösen Strukturen zu erfahren, die das Leben in der Steiermark über Jahrhunderte hinweg geprägt haben. Die Geschichten und Legenden rund um das Buchhaus und die Heilige Kümmernis bieten zudem einen einzigartigen Einblick in die Volkskultur und den Glauben vergangener Zeiten.
Das Buchhaus in Geistthal ist somit ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes der Steiermark und ein Ort, der Geschichte auf eindrucksvolle Weise erlebbar macht.
Entdecken Sie das historische Buchhaus in Geistthal – mittelalterliches Gerichtsgebäude mit Hexenprozessen und der legendären Heiligen Kümmernis.