
Ein umstrittenes Zeitzeugnis der Nachkriegszeit
Ein einzigartiges Mahnmal mit komplexer Geschichte
In Gniebing bei Feldbach in der Südoststeiermark erhebt sich ein bemerkenswertes Monument: das 13,5 Meter hohe Fallschirmjägerdenkmal. Errichtet im Jahr 1954 durch die Landeskameradschaft ehemaliger Fallschirmjäger Feldbach, stellt es das einzige Denkmal dieser Art im gesamten deutschsprachigen Raum dar. Mit seinem imposanten Adler, der allein 2,5 Tonnen wiegt, ist es nicht nur ein markantes Wahrzeichen der Region, sondern auch ein Zeitzeugnis der komplexen Nachkriegsgeschichte Österreichs.
Entstehung in schwierigen Zeiten
Die Errichtung des Denkmals fiel in eine politisch heikle Phase der österreichischen Geschichte. 1954 stand Österreich noch unter alliierter Besatzung, und die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg war in der Bevölkerung noch sehr lebendig. Die Initiative zum Bau ging von ehemaligen Fallschirmjägern aus, die während der letzten Kriegsphase in der Region Feldbach gekämpft hatten.
Bereits während der Bauphase gab es erhebliche Widerstände und Schwierigkeiten. Die Besatzungsmächte, insbesondere die sowjetischen Truppen, die in der Steiermark stationiert waren, betrachteten das Vorhaben mit Argwohn. Die Errichtung eines Denkmals für deutsche Soldaten nur neun Jahre nach Kriegsende war politisch brisant und wurde von vielen als provokativ empfunden.
Bei der Einweihungsfeier wagten viele Unterstützer aus Furcht vor Repressalien nicht zu erscheinen. Es gab sogar Drohungen, das Denkmal zu sprengen. Trotz dieser widrigen Umstände wurde das Monument fertiggestellt und hat seither alle politischen Stürme überstanden.
Historischer Hintergrund: Die Kämpfe um Feldbach
Der historische Kontext des Denkmals ist eng mit den Ereignissen der letzten Kriegsphase im Frühjahr 1945 verbunden. Als die sowjetische Armee in die Steiermark vordrang, wurde Feldbach zu einem strategisch wichtigen Punkt. Hauptmann Günther Heymann führte eine Kampfgruppe deutscher Fallschirmjäger, die an der Rückeroberung Feldbachs beteiligt war.
Die Kämpfe in dieser Region waren Teil der letzten verzweifelten Verteidigungsversuche des zusammenbrechenden Dritten Reiches. Für viele Soldaten endeten sie tödlich. Der konkrete Standort des Denkmals wurde gewählt, weil an dieser Stelle der erste Fallschirmjäger der Einheit hinter dem Haus Eckhart gefallen war.
Diese militärischen Auseinandersetzungen haben tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis der Region hinterlassen. Für die einen waren die Fallschirmjäger Verteidiger der Heimat gegen die vorrückende Rote Armee, für andere Repräsentanten eines verbrecherischen Regimes, das bis zum bitteren Ende weiterkämpfte.
Architektur und Symbolik
Das Fallschirmjägerdenkmal besticht durch seine imposante Größe und klare Formensprache. Mit einer Höhe von 13,5 Metern ist es weithin sichtbar und dominiert die Umgebung. Die zentrale Säule trägt einen mächtigen Adler mit ausgebreiteten Schwingen, der allein 2,5 Tonnen wiegt und aus Stein gehauen wurde.
Der Adler, traditionelles Symbol der Fallschirmjäger, verkörpert Stärke, Mut und Freiheit. In der militärischen Ikonographie steht er für Überlegenheit und scharfe Beobachtungsgabe – Eigenschaften, die für Fallschirmjäger von besonderer Bedeutung waren. Gleichzeitig ist der Adler ein ambivalentes Symbol, da er auch stark mit der nationalsozialistischen Bildsprache verbunden ist.
Am Fuße des Denkmals befinden sich Gedenktafeln mit den Namen gefallener Soldaten. Die schlichte Gestaltung verzichtet auf heroisierende Darstellungen oder martialische Elemente, wie sie bei Kriegerdenkmälern früherer Epochen üblich waren. Diese Zurückhaltung kann als Zugeständnis an die politischen Sensibilitäten der Nachkriegszeit verstanden werden.
Jährliche Gedenkfeiern und ihre Bedeutung
Seit seiner Errichtung ist das Fallschirmjägerdenkmal alljährlich im Mai Schauplatz einer Gedenkfeier, zu der ehemalige Fallschirmjäger und ihre Angehörigen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum anreisen. Diese Veranstaltung hat sich zu einem festen Bestandteil des lokalen Gedenkkalenders entwickelt.
Die Feierlichkeiten umfassen typischerweise eine Kranzniederlegung, Ansprachen von Vertretern der Veteranenverbände und lokalen Politikern sowie militärische Ehrenbezeugungen. Für die Teilnehmer geht es dabei um das Gedenken an gefallene Kameraden und die Pflege der Kameradschaft.
Diese Gedenkfeiern waren und sind nicht unumstritten. Kritiker sehen darin eine unkritische Verherrlichung der Wehrmacht und eine mangelnde Distanzierung vom Nationalsozialismus. Befürworter betonen hingegen das Recht auf individuelles Totengedenken und die Trennung zwischen dem Gedenken an gefallene Soldaten und der Verurteilung des NS-Regimes.
In den letzten Jahren haben sich die Veranstaltungen gewandelt. Der Fokus liegt zunehmend auf Versöhnung und Frieden, und es wird verstärkt auf die Opfer aller Seiten hingewiesen. Diese Entwicklung spiegelt den allgemeinen Wandel der Erinnerungskultur in Österreich wider.
Kontroversen und gesellschaftliche Debatten
Das Fallschirmjägerdenkmal war und ist Gegenstand kontroverser Debatten. Die zentrale Frage dabei ist, wie mit dem Erbe des Zweiten Weltkriegs umgegangen werden soll und welche Form des Gedenkens angemessen ist. Diese Diskussionen sind Teil eines größeren gesellschaftlichen Prozesses der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Österreich.
Kritiker sehen in dem Denkmal eine problematische Ehrung von Soldaten, die für ein verbrecherisches Regime gekämpft haben. Sie argumentieren, dass eine differenziertere Form des Gedenkens notwendig wäre, die auch die Opfer des NS-Terrors einschließt und den historischen Kontext kritisch reflektiert.
Befürworter betonen hingegen, dass das Denkmal in erster Linie dem Gedenken an gefallene Soldaten dient, die oft keine Wahl hatten und selbst Opfer des Krieges wurden. Sie verweisen auf die persönlichen Schicksale und das Leid der Familien, die Angehörige verloren haben.
Diese unterschiedlichen Perspektiven spiegeln die Komplexität der österreichischen Erinnerungskultur wider. Das Land hat einen langen und schwierigen Weg der Auseinandersetzung mit seiner NS-Vergangenheit hinter sich, der von der anfänglichen „Opferthese“ (Österreich als erstes Opfer Hitlers) bis hin zur kritischen Aufarbeitung der eigenen Mitverantwortung reicht.
Übernahme durch die Gemeinde und heutige Bedeutung
Vor einigen Jahren wurde das Fallschirmjägerdenkmal von der Gemeinde Feldbach übernommen. Dieser Schritt markiert einen wichtigen Wandel in der Verantwortlichkeit für das Monument. Was einst als private Initiative ehemaliger Soldaten begann, ist nun Teil des offiziellen kommunalen Gedenkens.
Die Übernahme durch die Gemeinde kann als Versuch verstanden werden, das Denkmal in einen breiteren historischen und gesellschaftlichen Kontext einzubetten. Sie ermöglicht eine professionellere Pflege und Erhaltung des Monuments, aber auch eine kritischere Auseinandersetzung mit seiner Geschichte und Bedeutung.
Heute ist das Fallschirmjägerdenkmal nicht nur ein Ort des Gedenkens für Veteranen und ihre Angehörigen, sondern auch ein Lernort für jüngere Generationen. Schulklassen besuchen das Denkmal im Rahmen des Geschichtsunterrichts, um über die komplexe Geschichte des Zweiten Weltkriegs und seine Nachwirkungen zu diskutieren.
Die Region Feldbach: Historischer Kontext und weitere Sehenswürdigkeiten
Feldbach, eine Stadt mit rund 13.000 Einwohnern in der Südoststeiermark, blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Bereits im Mittelalter als Markt gegründet, entwickelte sich der Ort zu einem wichtigen regionalen Zentrum. Die strategische Lage an wichtigen Verkehrswegen machte Feldbach immer wieder zum Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen – vom Türkeneinfall im 17. Jahrhundert bis zu den Kämpfen im Zweiten Weltkrieg.
Neben dem Fallschirmjägerdenkmal bietet die Region zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten, die einen Besuch lohnen. Die Stadtpfarrkirche St. Leonhard, ein imposanter gotischer Bau mit barocken Elementen, dominiert das Stadtbild. Das Tabor, eine mittelalterliche Wehranlage, zeugt von der bewegten Vergangenheit der Stadt und beherbergt heute ein Museum.
Das Vulkanland, wie die Region auch genannt wird, besticht durch seine malerische Landschaft mit sanften Hügeln, Weinbergen und idyllischen Dörfern. Die fruchtbaren Böden vulkanischen Ursprungs bilden die Grundlage für eine vielfältige Landwirtschaft und exzellente regionale Produkte, allen voran das berühmte Kürbiskernöl.
Für Naturliebhaber bietet die Umgebung ein gut ausgebautes Netz an Wander- und Radwegen. Der Raabtal-Radweg führt durch eine abwechslungsreiche Landschaft und verbindet die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Region. Die Therme der Ruhe in Loipersdorf, nur wenige Kilometer von Feldbach entfernt, lädt zur Entspannung und Erholung ein.
Praktische Informationen für Besucher
Das Fallschirmjägerdenkmal in Gniebing bei Feldbach ist jederzeit frei zugänglich. Es gibt keine offiziellen Öffnungszeiten oder Eintrittsgebühren. Besucher können das Monument zu jeder Tageszeit besichtigen und sich in Ruhe mit seiner Geschichte und Bedeutung auseinandersetzen.
Die jährliche Gedenkfeier findet traditionell im Mai statt. Das genaue Datum wird in lokalen Medien und auf der Website der Stadt Feldbach bekannt gegeben. Interessierte Besucher sind bei dieser Veranstaltung willkommen, sollten aber die Würde des Anlasses respektieren.
Für weitere Informationen können sich Besucher an das Tourismusbüro Feldbach unter der Telefonnummer +43 3152 22020 wenden. Hier erhalten sie auch Auskünfte zu Führungen, weiteren Sehenswürdigkeiten in der Region und Unterkunftsmöglichkeiten.
Ein komplexes Erbe
Das Fallschirmjägerdenkmal in Feldbach ist mehr als nur ein Monument aus Stein. Es ist ein vielschichtiges Zeitzeugnis, das die komplexe Geschichte Österreichs im 20. Jahrhundert widerspiegelt. Von seiner umstrittenen Entstehung in der Nachkriegszeit bis zu seiner heutigen Rolle als Ort des Gedenkens und der kritischen Auseinandersetzung verkörpert es die Herausforderungen und Widersprüche der Erinnerungskultur.
Besucher des Fallschirmjägerdenkmals sind eingeladen, sich mit diesen verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen und sich ein eigenes Bild zu machen. Das Monument bietet Anlass zur Reflexion über Krieg und Frieden, über individuelle Schicksale und kollektive Verantwortung, über Gedenken und Vergessen.
In einer Zeit, in der Europa erneut mit kriegerischen Auseinandersetzungen konfrontiert ist, gewinnt diese Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zusätzliche Aktualität. Das Fallschirmjägerdenkmal erinnert uns daran, wie wichtig es ist, die Lehren der Geschichte zu beherzigen und sich für Frieden und Verständigung einzusetzen.