Burgruine Ligist: Historisches Wahrzeichen über dem steirischen Markt
Ein mittelalterliches Juwel mit faszinierender Geschichte

Majestätisch thront die Burgruine Ligist auf einer markanten Anhöhe nördlich des gleichnamigen Marktes in der Weststeiermark. Mit ihrem charakteristischen Burgfried prägt sie seit Jahrhunderten die Silhouette der Region und erzählt als steinerner Zeuge von einer bewegten Vergangenheit. Der kurze, etwa zehnminütige Aufstieg vom Marktplatz wird mit einem atemberaubenden Panoramablick über den gesamten Ligister Talkessel belohnt – ein Erlebnis, das zu jeder Jahreszeit seinen besonderen Reiz entfaltet.
Die Anfänge: Das Geschlecht der Lubgaster
Die Geschichte der Burg Ligist reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück, als die ersten Bauten durch das Adelsgeschlecht der Lubgaster errichtet wurden. Der Name der Burg – ursprünglich als „Feste Lubgast“ bekannt – leitet sich von diesem Geschlecht ab. Die strategisch günstige Lage auf dem Höhenzug ermöglichte die Kontrolle wichtiger Handelsrouten und bot gleichzeitig natürlichen Schutz vor feindlichen Angriffen.
Die frühe Anlage bestand vermutlich aus einem einfachen Wehrturm mit umliegenden Palisadenbefestigungen. Archäologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Burg kontinuierlich erweitert und verstärkt wurde, um den sich wandelnden militärischen Anforderungen gerecht zu werden. Die Lubgaster, die als Ministeriale im Dienste der steirischen Landesfürsten standen, nutzten die Burg als Verwaltungszentrum für ihre umliegenden Besitzungen und als Symbol ihrer Macht in der Region.
Die Herren von Saurau: Blütezeit der Burg
Nach dem Aussterben der Lubgaster ging die Burg in den Besitz der Herren von Saurau über, einem bedeutenden steirischen Adelsgeschlecht, das über Jahrhunderte hinweg großen Einfluss auf die Geschichte der Steiermark ausübte. Unter ihrer Herrschaft erlebte die Burg Ligist ihre Blütezeit und wurde zu einer repräsentativen Wehranlage ausgebaut.
Die Saurauer investierten erhebliche Mittel in die Erweiterung und Modernisierung der Burg. Der markante Bergfried, der bis heute das Wahrzeichen der Anlage darstellt, wurde in dieser Zeit errichtet oder zumindest erheblich verstärkt. Mit seinen massiven Mauern diente er sowohl als Aussichtsturm als auch als letzter Zufluchtsort bei feindlichen Angriffen. Daneben entstanden großzügige Wohngebäude, eine Burgkapelle und umfangreiche Wirtschaftsgebäude, die das Leben einer adeligen Familie ermöglichten.
Die Saurauer waren nicht nur militärische Befehlshaber, sondern auch Förderer von Kunst und Kultur. Historische Quellen berichten von prächtigen Festen und Turnieren, die auf der Burg abgehalten wurden und zu denen der Adel der Umgebung eingeladen war. Die Burg Ligist entwickelte sich so zu einem kulturellen Zentrum der Region.
Kriegerische Zeiten: Türkeneinfälle und Bauernaufstände
Wie viele steirische Burgen spielte auch die Burg Ligist während der Türkeneinfälle im 15. und 16. Jahrhundert eine wichtige Rolle im Verteidigungssystem des Landes. Als Teil einer Kette von Wehrbauten diente sie als Beobachtungsposten und Signalstation, um vor herannahenden feindlichen Truppen zu warnen. Die massiven Mauern und der tiefe Burggraben boten der Bevölkerung der umliegenden Dörfer Schutz vor den plündernden osmanischen Heeren.
Auch während der Bauernaufstände, die im 16. Jahrhundert die Steiermark erschütterten, bewährte sich die Burg als sicherer Zufluchtsort für die adeligen Besitzer. Die aufständischen Bauern, die gegen hohe Abgaben und Frondienste rebellierten, belagerten zahlreiche Burgen und Schlösser, konnten aber die gut befestigte Anlage in Ligist nicht einnehmen.
Die Reformationszeit brachte weitere Herausforderungen für die Burgherren. Die Saurauer, die zum protestantischen Glauben übergetreten waren, gerieten in Konflikt mit der katholischen Landesherrschaft. Trotz dieser religiösen Spannungen gelang es ihnen, ihren Besitz zu behaupten und die Burg Ligist als Zentrum ihrer Herrschaft zu erhalten.
Niedergang und Verfall

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begann der allmähliche Verfall der Feste Lubgast. Die mittelalterliche Burg entsprach nicht mehr den Wohnbedürfnissen einer adeligen Familie der Barockzeit. Die unbequemen, zugigen Räume, die steilen Treppen und die abgeschiedene Lage auf dem Berg machten das Leben in der Burg zunehmend unattraktiv.
Die Saurauer entschieden sich daher, am Fuße des Burghügels ein neues, zeitgemäßes Schloss zu errichten. Das Schloss Ligist, ein eleganter Bau im Stil des Spätbarock, bot allen Komfort, den man im 18. Jahrhundert erwarten konnte: großzügige, lichtdurchflutete Räume, moderne Heizungssysteme und eine bequeme Anbindung an den Markt Ligist.
Die alte Burg wurde aufgegeben und diente fortan hauptsächlich als Steinbruch für Bauprojekte in der Umgebung. Dachziegel, Holzbalken und behauene Steine wurden entfernt und wiederverwendet, was den Verfall der Anlage beschleunigte. Wind und Wetter setzten den ungeschützten Mauern zu, und die Natur begann, sich Teile der Burg zurückzuerobern.
Besitzerwechsel und Erhaltungsbemühungen
Im Jahr 1870 gingen sowohl die Burgruine Ligist als auch das Schloss in den Besitz der Grafen Goess über, einer bedeutenden österreichischen Adelsfamilie. Die neuen Eigentümer zeigten jedoch wenig Interesse an der Erhaltung der mittelalterlichen Ruine, deren Unterhalt kostspielig und aufwendig gewesen wäre.
Ein weiterer Besitzerwechsel erfolgte 1928, als die Anlage an den Souveränen Malteser Ritterorden überging. Der Orden, der auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblickt, erkannte den historischen Wert der Ruine, verfügte jedoch nicht über die Mittel für eine umfassende Restaurierung.
Erst 1975 begann eine neue Phase in der Geschichte der Burgruine Ligist. Der neu gegründete Ligister Burgenverein setzte sich zum Ziel, den weiteren Verfall der historischen Anlage aufzuhalten und sie für kommende Generationen zu bewahren. Mit großem Engagement und unter fachkundiger Begleitung durch Denkmalpfleger wurden erste Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.
Eine der wichtigsten Maßnahmen war die Errichtung einer Holzbrücke über den Burggraben an der Stelle, wo sich ursprünglich eine Zugbrücke befunden hatte. Diese Brücke ermöglicht Besuchern seither den sicheren Zugang zum Innenhof der Ruine und eröffnet neue Perspektiven auf die historische Bausubstanz.
Architektonische Besonderheiten
Trotz ihres teilweise verfallenen Zustands weist die Burgruine Ligist noch zahlreiche architektonische Besonderheiten auf, die Einblicke in die Baukunst des Mittelalters geben. Der imposante Burgfried, der das Wahrzeichen der Anlage darstellt, erhebt sich als massiver Wehrturm über die umliegenden Mauern. Seine dicken Wände und die wenigen, schmalen Fensteröffnungen zeugen von seiner primär defensiven Funktion.
Die Ringmauer, die den Innenhof umschließt, ist an mehreren Stellen noch gut erhalten und vermittelt einen Eindruck von der ursprünglichen Ausdehnung der Anlage. Besonders bemerkenswert ist das Torhaus mit seinen Schießscharten, die den Zugang zur Burg sicherten.
Im Inneren der Ruine sind Reste des Palas, des herrschaftlichen Wohngebäudes, erkennbar. Spitzbogenfenster und Fragmente von Gewölbeansätzen lassen die einstige Pracht der Innenräume erahnen. An einigen Stellen sind noch Spuren von Wandmalereien sichtbar, die von der künstlerischen Ausgestaltung der Burg zeugen.
Die Burgkapelle, die dem heiligen Georg geweiht war, zeigt Elemente der Spätgotik. Besonders bemerkenswert ist das kunstvoll gearbeitete Steinportal mit seinen floralen Ornamenten, das die handwerkliche Meisterschaft der damaligen Steinmetze unter Beweis stellt.
Die Burgruine heute: Kulturelles Erbe und Veranstaltungsort
Heute präsentiert sich die Burgruine Ligist als lebendiges Denkmal, das nicht nur von der Vergangenheit erzählt, sondern auch als Ort für kulturelle Veranstaltungen und Begegnungen dient. Der Ligister Burgenverein organisiert regelmäßig Führungen, bei denen Besucher mehr über die Geschichte und Architektur der Anlage erfahren können.
Besonders beliebt sind die Veranstaltungen „Weihnachten auf der Burg“, bei denen die Ruine festlich beleuchtet wird und ein stimmungsvoller Weihnachtsmarkt im Burghof stattfindet. Die mittelalterliche Kulisse verleiht diesen Festen einen ganz besonderen Charme und zieht Besucher aus der ganzen Region an.
Auch für Konzerte, Theateraufführungen und historische Feste bietet die Burgruine eine eindrucksvolle Kulisse. Die besondere Akustik im Innenhof kommt besonders bei musikalischen Darbietungen zur Geltung und schafft unvergessliche Erlebnisse für Künstler und Publikum gleichermaßen.
Naturliebhaber schätzen den „Vogelstimmenweg“, der rund um die Burgruine angelegt wurde. Auf diesem Lehrpfad können Besucher die vielfältige Vogelwelt der Region kennenlernen und ihre Stimmen identifizieren. Informationstafeln entlang des Weges bieten interessante Fakten zu den heimischen Vogelarten und ihren Lebensräumen.
Die Region Ligist: Historischer Kontext und Sehenswürdigkeiten
Die Geschichte der Burg Ligist ist eng mit der Entwicklung des gleichnamigen Marktes und der umliegenden Region verbunden. Ligist, erstmals im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt, entwickelte sich im Schutz der Burg zu einem wichtigen Handels- und Handwerkszentrum. Die Burgherren förderten die Ansiedlung von Handwerkern und gewährten dem Markt verschiedene Privilegien, die sein wirtschaftliches Wachstum begünstigten.
Die fruchtbaren Böden der Umgebung ermöglichten einen ertragreichen Ackerbau und Weinbau. Die Weinberge, die sich an den sonnigen Hängen des Ligister Talkessels erstrecken, haben eine jahrhundertelange Tradition und bringen bis heute qualitativ hochwertige Weine hervor.
Neben der Burgruine bietet die Region zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten, die einen Besuch lohnen. Die Pfarrkirche St. Johannes der Täufer im Markt Ligist, ein gotischer Bau aus dem 14. Jahrhundert, beeindruckt mit ihrem schlanken Turm und wertvollen Kunstschätzen im Inneren, darunter ein spätgotischer Flügelaltar und barocke Seitenaltäre.
Das Schloss Ligist, das die Saurauer am Fuße des Burghügels errichten ließen, ist heute in Privatbesitz, aber von außen zu besichtigen. Der elegante Barockbau mit seinem charakteristischen Mansarddach und der symmetrischen Fassade bildet einen interessanten Kontrast zur mittelalterlichen Burgruine.
Naturliebhaber schätzen die abwechslungsreiche Landschaft rund um Ligist mit ihren sanften Hügeln, ausgedehnten Wäldern und idyllischen Bachtälern. Ein gut ausgebautes Netz an Wander- und Radwegen erschließt die Region und führt zu malerischen Aussichtspunkten mit Blick auf die Burgruine und den Ligister Talkessel.
Praktische Informationen für Besucher
Die Burgruine Ligist ist täglich von 8:00 bis 22:00 Uhr frei zugänglich und kann ohne Eintrittsgebühr besichtigt werden. Der Aufstieg vom Marktplatz dauert etwa zehn Minuten und ist auch für Familien mit Kindern gut zu bewältigen. Festes Schuhwerk ist empfehlenswert, da der Weg teilweise steil und bei Nässe rutschig sein kann.
Für Gruppen werden nach Voranmeldung Führungen angeboten, bei denen sachkundige Guides interessante Einblicke in die Geschichte und Architektur der Burg vermitteln. Besonders für Schulklassen werden spezielle pädagogische Programme angeboten, die Geschichte lebendig und anschaulich vermitteln.
Informationen zu aktuellen Veranstaltungen auf der Burg und Führungsangeboten erhalten Interessierte beim Tourismusverband Ligist unter der Telefonnummer +43 3143 2229 oder per office@ligist.info. Aktuelle Informationen finden sich auch auf der Website der Gemeinde Ligist.
In unmittelbarer Nähe der Burgruine gibt es keine gastronomischen Einrichtungen, daher empfiehlt es sich, für längere Aufenthalte Getränke und Verpflegung mitzubringen. Im Markt Ligist selbst finden sich jedoch mehrere Gasthäuser und Cafés, die regionale Spezialitäten und steirische Gastfreundschaft bieten.
Ein Juwel steirischer Geschichte
Die Burgruine Ligist ist mehr als nur ein stummes Zeugnis vergangener Zeiten. Sie ist ein lebendiger Ort der Begegnung mit Geschichte, Kultur und Natur. Die Bemühungen des Ligister Burgenvereins haben dazu beigetragen, dass die historische Substanz bewahrt wird und gleichzeitig neue Generationen für das kulturelle Erbe begeistert werden.
Der Besuch der Burgruine lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Im Frühling und Sommer beeindruckt die üppige Vegetation rund um die alten Mauern, im Herbst taucht die Sonne die verwitterten Steine in goldenes Licht, und im Winter bietet sich bei klarer Sicht ein spektakulärer Ausblick über die verschneite Landschaft. Besonders stimmungsvoll präsentiert sich die Ruine während der Weihnachtszeit, wenn sie festlich beleuchtet wird und einen märchenhaften Anblick bietet.
Die Burgruine Ligist steht exemplarisch für den respektvollen Umgang mit historischen Baudenkmälern in der Steiermark. Sie verbindet auf gelungene Weise Denkmalschutz mit zeitgemäßer Nutzung und trägt so dazu bei, dass die Geschichte der Region lebendig bleibt und an kommende Generationen weitergegeben wird.
So findest du die Burgruine Ligist